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Gunther Emmerlich  

Gunther Emmerlich
Begegnung bei der Probe im Heinz-Hilpert-Theaters Lünen


Gunther Emmerlich im Interview - Zwei Gastspiele im Hilpert - Was ihm so gut an Lünen gefällt:

„Herzliche Leute, herrliches Theater”

Lünen, 18.03.2008 von Diethelm Textoris

Lünen. Gunther Emmerlich, der nach dem Mauerfall ohne Bruch seine Karriere als Sänger und Entertainer fortsetzte und ausbaute, war zu Gast in Lünen. Zwischen Soundcheck und Proben fand er Zeit für ein Gespräch mit unserem Mitarbeiter Diethelm Textoris.

Sie sind nicht zum ersten Mal in Lünen? Emmerlich: Nein, in „grauer Vorzeit”, aber schon nach der Wende, war ich hier mit dem Musical Anatevka, vor zwei Jahren mit der Peter-Kreuder-Revue und jetzt bringe ich die „Beine von Dolores” mit. Am 28. April gastiere ich mit der Zauberflöte schon wieder in Lünen.

Dann muss Lünen ja etwas Besonderes haben, dass es Sie immer wieder hierher zieht? Ja, das ist zum einen das sehr erfreuliche Publikum. Ich liebe die Herzlichkeit und die Begeisterungsfähigkeit der Menschen im Revier. Zum andern ist es dieses herrliche Theater. Sie glauben gar nicht, unter welchen primitiven Bedingungen ich in manchen Städten spielen muss. Da glaubt man, dass eine umgebauten Aula den richtigen Rahmen für eine Gala oder eine große Oper bietet. Für mich ist es einfach beeindruckend, dass eine Stadt wie Lünen ein so großes und schönes Theater hat. Ich beobachte in unserer Gesellschaft eine recht unerfreuliche Entwicklung: In den Schulen wird als erstes der Musikunterricht gestrichen. In Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen beginnt man jetzt auch noch, den Erwachsenen die Musik zu nehmen, indem man den Kulturetat kürzt oder ganze Theater schließt.

Sie sprachen die Menschen im Ruhrgebiet an. Warum haben Sie in Ihrer Sendung „Zauberhafte Heimat” nicht einmal die Schönheiten des Reviers präsentiert. Lünen hätte da auch einige zu bieten. Ich habe die Redaktion schon mehrmals darauf hingewiesen. Ich war zum Beispiel begeistert von den Fachwerkbauten in Hattingen, vergleichbar etwa mit unserem Tangermünde an der Elbe. Aber der Redakteur ist bisher nicht darauf angesprungen. Bei der Fortsetzung der Serie werde ich mich aber in jeden Fall noch einmal in der Richtung stark machen.

Nach der Kreuder-Revue sind Sie heute mit Michael Jary hier. Wurden die Komponisten auch in der DDR gespielt? Kreuder war sogar auf Tournee in der DDR, nur "Good-bye Johnny" durfte er nicht spielen, weil es der Nationalhymne zu ähnlich war und das Publikum sich von den Plätzen erhob. Mit den Liedern von Jary sind für mich Kindheitserinnerungen verbunden. Wir hatten in der DDR die so genannten Städtebeschallungen. Da erklangen dann aus den Lautsprechern auch die Jary-Schlager.

In Ihrer Biograhie ist zu lesen, dass Sie ursprünglich Ingenieur waren und danach erst Musik studierten. Ging dieser Wechsel in der DDR problemlos? Bei mir handelte es sich um eine Anschlussstudium. Ich sage über die DDR ungern etwas Positives, aber der Wechsel in einen künstlerischen Beruf ging reibungslos, vorausgesetzt,
man hatte Talent.

Wie erklären Sie, dass Ihre Karriere nach der Wende keinen Bruch erlitt? In der DDR durfte ich viele Jahre nicht ausreisen. Erst als ich ein Weib genommen, ein Kind gezeugt und ein Haus gebaut hatte, hatte ich meinen Bleibewillen dokumentiert. So durfte ich ab 1983 ins Ausland und Devisen verdienen, denn von der Gage bekam ich am wenigsten. So hatte ich schon eine gewisse Popularität im Westen. Mit der Wende wurde dann nur weitere Pforten geöffnet und mein Wirkungskreis größer.

Sie sind in vielen Sparten tätig, Schlagen Brücken zwischen der sogenannten E-Musik und U-Musik. Für mich gelten diese Grenzen nicht, ich hatte da auch nie Berührungsängste. Ich liebe Musik von Cocker bis Bach, mache Kirchenmusik, Oper, Musical und Jazz. Ich bin meinem Publikum Dankbar, dass es das akzeptiert, obwohl es manchmal schon ein wenig irritiert ist, weil es nie weiß, aus welcher Schublade ich gerade gekrochen komme.

Sie sagten bereits, dass Sie im April zusammen mit Deborah Sasson mit der Zauberflöte bei uns gastieren. Worauf darf das Publikum sich freuen? Eine komplette Oper in einer konventionellen Inszenierung. Konservativ klingt ja eher negativ. Aber ich halte nichts von spektakulären Aufführungen, bei denen zum Beispiel ein Klo auf der Bühne steht, das auch noch während der Aufführung von den Schauspielern sicht- und hörbar genutzt wird. Das Publikum kann sich also auf eine herkömmliche Oper mit vielen bekannten Melodien freuen, und ich freue mich auf das Lüner Publikum.

Gibt es irgendwelche unerfüllten Träume in Ihrem Leben? Eigentlich nicht, denn wenn ich richtig überlege, lebe ich fünf Leben parallel und dabei erfülle ich mir meine Träume. Natürlich gibt es auch Enttäuschungen, dass die Wirklichkeit anders aussieht. Privat habe ich noch viele Reiseträume, aber meine Frau meint, dafür müsste ich weit über 200 Jahre alt werden.

Gibt es irgendeinen Leitsatz, eine Lebensweisheit, die für Sie so etwas wie eine Richtschnur ist? Ja: „Um ernst zu sein, genügt Dummheit, zur wahren Heiterkeit ist ein großer Verstand unerlässlich." Und um diesen Verstand bemühe ich mich Zeit meines Lebens.

Erschienen in gekürzter Fassung in der Westfälischen Rundschau/Westdeutschen Allgemeine Zeitung Lünen am 18.03.2008

 

 

Gunther EmmerlichGunther Emmerlich 3

Alle Fotos zum Emmerlich Interview sind von Bodo Kürbs, Lünen. Alle Rechte liegen bei ihm. Jegliche Nutzung darf nur mit seinem ausdrücklichen Einverständnis erfolgen.

Link zu Bodo Kürbs http://www.fotomoments.de